Drei Herzen im Viervierteltakt

Nürtinngeer Zeitung vom 15.03.2016, Von Reiner Wendang

Die Neckartenzlinger Neckarburg hatte das Trio Dietlinde Ellsässer, Heiner Kondschak und Jakob Nacken zu Gast

Heiner Kondschak, Dietlinde Ellsässer und Jakob Nacken boten gute Unterhaltung in der Neckarburg. Foto: Wendang

NECKARTENZLINGEN. Laut Programm war Musik, Gesang und Schabernack in allen Höhen und Tiefen angekündigt – und das gab es auch für die Gäste in der ausverkauften Neckarburg am Freitagabend.

Dietlinde Ellsässer hatte den Abend „Männer und ich Teil 2: Dreifaltigkeit“ genannt und ihn mit „romantisch, weiblich, keck“ untertitelt. Ihre beiden Begleiter ergänzten sie kongenial und bedienten das reichhaltige Instrumentarium, Heiner Kondschak mit Schwerpunkt Gitarren und Mundharmonika und Jakob Nacken mit Piano und Klarinette, beide bei Bedarf singend oder trommelnd. Das Liedmaterial umspannte alte deutsche Volkslieder, tiefsinnige Poesievertonungen, Schnulzen und Rocksongs, was aber nicht Ausdruck von Beliebigkeit war, sondern vom großen Horizont, den die drei überblicken können. Im Vordergrund stand jedoch immer das Thema „Liebe“, im engeren oder weiteren Sinne.

Zwischen den Liedern philosophierte die Dame kurzweilig und immer am Erfahrungs- und Gefühlslevel ihrer Zuhörer orientiert. So lotete sie die Dreifaltigkeit betreffend sowohl die Vor- und Nachteile einer Dreiecksbeziehung als auch die Tiefenunterschiede ihrer reifen Haut aus. Sie, die sich selbst als „Venus mit Hansi-Hinterseer-Füßen“ bezeichnet, zieht es jedenfalls vor, die Falten nicht durch Übergewicht „von innen rauszudrücken“. Selten ist sicherlich im Rock-Klassiker „Venus“ die Zeile „You’ve got it“ so stimmig übertragen worden wie hier mit dem schwäbischen „Des goat ‘et“. Der deutsche Volks(Liebes)Lieder-Mix endet mit der Zeile „Ich möchte am liebsten sterben, dann wär’s auf einmal still.“

Doch so weit muss es nicht kommen, auf der Neckarburgbühne genügt eine kleine Umkleidepause der Sängerin, damit die beiden Herren auch mal alleine dürfen! Heiner Kondschak singt, sich selbst auf einem Minibass begleitend, einen Blues, der den Zusammenhang von Schlafmangel und schlechtem Aussehen zum Thema hat. Auch zu anderen musikerspezifischen Themen weiß er Witziges: Ein Musiker, der nur einen Schuh trägt, wird gefragt, ob er einen verloren hat – nein, einen gefunden! Es reicht noch für den Jiddisch-Swing „Bei mir bist du shejn“, ehe das Trio wieder vollständig wird.

Die Dame (noch schöner als zuvor) legt eine zirkusreife High-Heels-Ersteigung hin, passend zu ihrem neuen Outfit. Sie hat einige Klamotten „dahoim im Kaschden“, bedauert zwischendurch, dass man Männer nicht auch so ablegen kann und rät deswegen, bei der Partnerwahl von modischen Erwägungen Abstand zu nehmen. Nach hohen Hacken tiefe Gefühle im Lied nach Wolfgang Borcherts „der Kuss“ mit der Zeile „So tief hat sie noch nie gefühlt, ihr Haar zu einem Heiligenschein zerwühlt“.

Dann vor der Pause große Worte in einem Peter-Maffay-Demis-Roussos-Howard-Carpendale-Potpourri zum Themenkreis „Du“. „Sie“ kommt danach, Zimmermädchenerotik ausstrahlend, auf die Bühne, „philosexfiert“ über George Clooney und Männer im Rock, um mit der Textzeile „Wie sollst du mein Schweigen hören, wenn du nicht einmal mein Wort vernahmst!“ in Kondschaks Mascha-Kaléko-Vertonung wieder tief zu gründen.

Über Charles Bronson, den Mann mit dem (für Schwaben) Harndrang erleichternden Nachnamen, und mit dem Zitat „(H)einer wartet immer“ gelingt der Schwenk zu der grandiosen Mini-Oper „Spiel mir das Lied vom (Beziehungs)Tod“. Die nächste Umkleidepause nutzt Jakob Nacken, um ein witziges Stegreif-Liebeslied für die anwesende Beate zu kreieren. Dietlinde kommt final im Jagdkleid und verbluest Herrmann Hesses „Ich bin der Hirsch und du das Reh...“, was in furiosem Schniedel-Witz gipfelt. Nach einer tollen Version von Simon and Garfunkels „The Boxer“ erklingt das – derzeit nicht so realistisch erscheinende– Schlaflied für die Kinder dieser Erde mit dem Satz „Morgen reißen wir die Schranken zwischen Mensch und Menschen ein“. In der Neckarburg brauchte man zumindest zwischen Bühne und Publikum nichts einzureißen, alle liebten sich und die Liebe, und Dietlinde und ihre zwei Lieben.